Im Jahr 2004 verwüstete ein Tsunami weite Teile von Südostasien. Darunter auch große Teile von Sri Lanka.
Knapp 17 Jahre später sind die Folgen dieser gewaltigen Naturkatastrophe immer noch sichtbar. In der Westprovinz von Sri Lanka , in der Nähe von Colombo - genauer gesagt bei Mount Lavinia - befindet sich direkt am Strand Tsunami Village. Hierbei handelt es sich um ein Dorf, welches damals von dem Tsunami vollkommen zerstört wurde. Ungefähr 45.000 Menschen verloren innerhalb kurzer Zeit und völlig unvorbereitet ihr Leben. Die Überlebenden der Katastrophe verloren nicht nur geliebte Menschen sondern auch ihren gesamten Besitz und ihr Zuhause.
Heute sind diese Menschen immer noch dabei, ihr Dorf Stück für Stück wieder aufzubauen. Da Sri Lanka ein verhältnismäßig armes Land ist, gibt es keine finanzielle Hilfe der Regierung und die Menschen nutzen eben das, was sie finden können. Alte Bleche, Baumstämme, Planen, Tücher, etc. Es scheint, als könnten sie aus nahezu allem etwas nützliches entwickeln. Ihr Dorf nennen die Einheimischen selbst "Tsunami Village".
Unser Ausflug nach Tsunami Village
Vor ein paar Tagen waren wir kurz vor Sonnenuntergang am Strand um ein paar Fotos zu machen. Schon auf dem Weg zum Strand hin, wurden wir von einem Local angesprochen und durch eine unglaublich schmale Gasse zum Strand hinunter geführt. Wenige Minuten später - als wir gerade dabei waren Bilder zu machen - kam ein weiterer Einheimischer auf uns zu, und fragt interessiert woher wir kommen, wie lange wir noch bleiben und ob es unser erster Besuch in Sri Lanka sei.
Als wir ihm erzählten, dass wir aus Deutschland kommen, begann er auf deutsch mit uns zu sprechen. Sein Bruder lebt dort und durch ihn hat der Sri Lankan ein wenig deutsch gelernt. Als er unsere Kamera entdeckte, meinte er, er könnte uns einen Ort zeigen, wo wir Fotos machen können. Da wir ja neu hier sind, haben wir uns darauf eingelassen und sind ihm und dem Einheimischen, welcher uns zum Strand geführt hat, gefolgt. Wir gingen den Strand hinunter und die beiden erzählten uns, dass sie uns jetzt "Tsunami Village" zeigen würden.
Sie selbst leben dort und ihre Familien haben durch den Tsunami alles verloren. Da sie - laut Aussage der beiden - keine Hilfe von außerhalb erhalten, ist das Dorf auf sich alleine gestellt und wie eine große Familie. Sie erzählen uns, dass sie durch den Tsunami auch ihr Restaurant verloren haben und nun als Fischer tätig sind. Auf dem Weg zum Dorf - immer noch am Strand entlang - kommen wir an Kindern und Jugendlichen vorbei, die sich am Strand einen Bereich abgetrennt haben, um dort Rugby zu spielen. Sie begrüßen uns winkend, lachend und sehr interessiert.
Ein Erlebnis, was unter die Haut geht
Wenige Meter hinter dem Spielfeld ist auch schon Tsunami Village zu sehen. Kleine, bunt zusammengebaute Hütten und teilweise zeltähnliche Unterkünfte sind dicht an dicht direkt am Strand gebaut. Es sind nur wenige Meter bis zum Wasser und dort tummeln sich viele Einheimische. Einige sitzen einfach nur da und entspannen sich, andere bereiten gerade das Abendessen vor und andere sind am waschen. Alle beginnen zu Strahlen, als sie uns sehen und begrüßen uns freundlich durch winken oder durch ein fröhliches "Hello, how are you?".
Direkt am Wasser befindet sich eine Ansammlung großer Felsen. Die Locals erklären uns, dass es sich hierbei um einen buddhistischen Tempel handelt. Sie führen uns den Felsen hinauf zu dem Tempel. Hier sind in einer kleinen Hütte, die auf einer Seite geöffnet ist, verschiedene buddhistische Statuen platziert und es gibt Räucherstäbchen und diverse Opfergaben. Dieser Tempel - auch wenn er sehr klein ist - bietet ein einzigartiges Bild. Direkt am Wasser, das offene weite Meer dahinter und dann noch der Sonnenuntergang, der alles in magische Farben hüllt. Der perfekte Ort.
Wir werden gefragt, ob wir auch den Tempel im Zentrum des Dorfes sehen wollen. Wir folgen den beiden Einheimischen also hinein in das Dorf und werden auch dort wieder herzlich empfangen. Trotz der sehr armen Verhältnisse hier sind die Menschen alle sehr freundlich, fröhlich und interessiert. Es gibt niemanden, der uns komisch anschaut oder das Gefühl vermittelt, wir wären hier nicht willkommen. Ganz im Gegenteil. Alle scheinen begeistert, dass wir hier sind und jeder möchte uns begrüßen.
Durch schmale Gassen hindurch, gefühlt durch die Häuser und Hütten der Bewohner, gelangen wir schließlich auf einen großen, freien Platz. Auf der linken Seite befindet sich der Tempel. Er ist um einen großen Baum herum aufgebaut und ebenfalls mit vielen buddhistischen Statuen und Götterabbildern ausgestattet. Beim Betreten des Tempels werden die Schuhe ausgezogen und überall finden sich Kerzen, Räucherstäbchen sowie Blumenkränze.
Eine Einladung zum Tee, die man nicht abschlagen kann
Unsere selbsternannten Guides führen uns noch ein wenig durch das Dorf und laden und schließlich zum Tee ein. Da die Menschen in Sri Lanka sehr gastfreundlich sind und sie ebenfalls immer sehr stolz sind, wenn sie einem das eigene Heim zeigen können, nehmen wir die Einladung an. Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht sogar unhöflich wäre, eine solche Einladung abzulehnen. Wenige Meter weiter sind wir auch schon angekommen.
Durch eine Tür, die nur halb so groß ist wie wir und einer Hobbit-Tür gleicht, betreten wir das Haus unserer Gastgeber. Wir befinden uns in einem kleinen Raum mit geringer Deckenhöhe. Hier steht eine Art Wäscheständer, der auch schon den gesamten Raum ausfüllt. Wir werden durch eine weitere Tür geführt, die lediglich aus einem Laken besteht und gebeten, auf dem Bett platz zu nehmen. Wir befinden uns jetzt wohl in einem der Schlafzimmer. Hier steht nur das Bett, welches aus einer Matratze und dünnen Tüchern besteht, und ein alter Holzschrank. An der Decke läuft ein Ventilator und eine Glühbirne erhellt den Raum.
Unser Gastgeber stellt uns seine Frau vor, die er seit Kindestagen kennt. Diese bringt uns kurz darauf zwei Tassen mit Tee und ein typisch einheimisches Gebäckstück. Ich würde es ein wenig mit zuckerüberzogenen Blätterteig-Stangen vergleichen und es ist wirklich sehr lecker! Während wir unseren Tee trinken - die Locals essen und trinken nichts, da es in deren Kultur unangemessen ist, zu essen bevor die Gäste fertig sind - zeigt uns die Familie noch Fotos von den Kindern und erzählt uns, dass die zwei Söhne in Colombo arbeiten und die beiden jüngsten Kinder (7 und 9) bei der Schwester des Mannes in Colombo leben, da er sich nicht genügend um sie kümmern konnte.
Da wir anfangs schon den Gedanken hatten, den Menschen dort irgendwie zu helfen oder zumindest etwas zu spenden, fragen wir unsere Gastgeber, ob wir ihnen einfach etwas Bargeld geben könnten und sie davon Lebensmittel für das Dorf holen könnten. Sie beteuern uns mehrmals, dass sie auf jeden Fall das ganze Dorf versorgen werden und dass sie auch für uns, unsere Eltern und Familien beten werden. Wir seien sehr gute Menschen und wer Gutes tut, würde auch Gutes erhalten. Sehr dankbar nehmen sie unser Geld an und bedanken sich an die tausend mal.
Stromausfall in Tsunami Village
Kurz darauf sitzen wir plötzlich im stockdunkeln. Der Strom ist ausgefallen und da es draußen mittlerweile bereits dunkel ist, erkennt man nicht mal mehr die Hand vor Augen. Ich suche nach meinem Handy und schalte die Taschenlampe ein. Die Einheimischen sind dafür sehr dankbar und suchen im Schein meiner Taschenlampe nach einer kleinen Kerze, die sie auf einem Teller direkt vor uns platzieren.
Sie erzählen uns, dass es wohl öfter passiert, dass einfach der Strom ausfällt. Sie sagen, dass die Regierung so mit ihnen spielen würde, da es vorher auch keinerlei Informationen gibt, dass der Strom abgestellt wird. Man wüsste nie, wann genau es wieder Elektrizität gäbe.
Wir trinken unseren Tee aus und werden schließlich von den beiden Einheimischen zurück durch das nun sehr dunkle Dorf geführt. Hinüber über den großen Platz und dann die Eisenbahnschienen hinunter bis zu unserem Condominium. Erst, als wir sozusagen vor der Tür unseres Gebäudes stehen, verabschieden sie sich von uns. Sie bedanken sich erneut und laden uns zu Reis und Curry bei Ihnen zuhause ein. Wann immer wir Lust haben, sollen wir einfach vorbei schauen. Das ist dann wohl die Gastfreundschaft, die Sri Lanka so ausmacht.